S. Cremer: "Mobilisierung von Schwermetallen in Porenwässern von belasteten Böden und Deponien: Entwicklung eines aussagekräftigen Elutionsverfahrens"

6.1.1.3 Rückstand aus der Emulsionstrennung (Emulsionsschlamm), vermischt mit Galvanikschlämmen

Emulsionen werden in der metallverarbeitenden Industrie zur Kühlung von spanabhebenden Werkzeugmaschinen eingesetzt. Die Emulsionen, die das Entsorgungsunternehmen von verschiedenen Betrieben erreichen, werden zunächst gesammelt. Um den Emulgator aus dem Öl/Wasser-Gemisch zu entfernen, wird Schwefelsäure zugesetzt. Anschließend wird der pH-Wert nach Abtrennung des Öls durch Zugabe von Kalkmilch in den alkalischen Bereich verschoben, um die gelösten Anteile der Schwermetalle auszufällen. In diesem Schritt werden der Suspension Galvanikschlämme zur Konditionierung zugesetzt. Der wasserreiche Trennschlamm wird mittels einer Kammerfilterpresse entwässert; nach der Filterung beträgt der Restwassergehalt ca. 40%.
Die Metalle des Emulsionsschlamms liegen, da es sich vorwiegend um mechanischen Abrieb handelt, in sehr feiner Körnung vor. Bei den Anteilen, die durch den Galvanikschlamm in die Suspension eingebracht wurden bzw. durch Zusatz von Kalkmilch gefällt wurden, ist durch den rasch ablaufenden Fällungsprozeß die Bildung zahlreicher Kristallisationskeime begünstigt. Das Material verläßt die Presse in großen Platten, die für unsere Versuchsreihen auf eine Korngröße von maximal 6 mm gebrochen wurden; der Hauptanteil der Probe liegt allerdings infolge der mechanischen Probenaufbereitung weiterhin im Schluffbereich (BENNER, 1989).

Röntgenographisch sind nur Anteile von Quarz, metallischem Eisen und Calcit in dem ansonsten amorphen Gemisch des Emulsionsschlamms nachweisbar. EDAX-Analysen ergänzen das Spektrum um Silikat-, Sulfat- (nicht gesichert) und Phosphat-Verbindungen. Als Nebenbestandteile sind sind neben Eisen die Schwermetalle Nickel, Zink, Kupfer und Chrom nachweisbar.
Der Emulsionsschlamm ist aufgrund seiner vorwiegend in der Oxidationsstufe der Metalle vorliegenden Inhaltsstoffe wahrscheinlich weitgehend elutionsstabil. Die beobachtete Freisetzung von Schadstoffen im sauren Milieu ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf die hydroxidisch gebundenen Anteile des zugesetzten Galvanikschlamms zurückzuführen. Im sauren Milieu des pHstat-Versuchs ist das komplette Spektrum der Schwermetallinhalte hochmobil (vergl. Abb. 58). Die absoluten Mobilisationsraten sind im Vergleich zu anderen Abfallstoffen sehr hoch: Zink wird bei 24 Stunden Elutionsdauer mit durchschnittlich 18 000 mg/kg zu mehr als der Hälfte des Gesamtgehalts in die Lösungsphase überführt (nicht dargestellt), Nickel geht mit 4 000 mg/kg zu einem Fünftel in Lösung. Alkalische pH-Werte in der Elutionslösung setzen aus dem vorhandenen Schwermetallspektrum nur Kupfer mit Massenanteilen von 30 mg/kg in sehr hohen Konzentrationen frei (vergl. Abb. 58). Für Nickel und Zink gehen die Mobilisationsraten bei pH 11 gegenüber dem S4-Versuch bei pH 8 zurück.
Die pH-Pufferkapazität des Emulsions-Galvanikschlammgemischs bis pH 4 (24 Stunden) ist sehr hoch: Mit einem Wert von 2 200 meq/kg erreicht die ANC24 das Zehnfache der Pufferkapazität eines Auenbodens mit 1% Karbonatgehalt. Auch die BNC24 des Emulsionsschlamms liegt mit 380 meq/kg im oberen Feld bisher ermittelter Werte. Der Wasserdurchlässigkeitsbeiwert des gebrochenen Materials beträgt bei leicht verdichtetem Einbau 3,9×10-7 m/s und ist vergleichbar einem schluffigen Sand (BENNER, 1989).

abb58

Abb. 58: Ein Gemisch aus Rückständen der Emulsionstrennung und Galvanikschlämmen, eluiert bei pH 11 und pH 4 im pHstat-Versuch (vordere und hintere Reihe), im Säulenversuch und im S4-Versuch Die beobachtete Freisetzung von Schwermetallen bei pH 4 ist wahrscheinlich auf Lösung hydroxidischer Bestandteile zurückzuführen. Alkalische Elutionsbedingungen sind für die Freisetzung der Schwermetalle weitgehend ohne Bedeutung.

Das Emulsions-Galvanikschlammgemisch ist durch seine extrem hohe ANC24 und die geringe Wasserdurchlässigkeit bei verdichtetem Einbau weitgehend davor geschützt, den Worst Case der Deponiegeschichte, der nach den Untersuchungen im sauren Milieu liegt, zu erreichen. Der initiale Zustand des Porenwassers, für den der S4-Versuch die maßgeblichen Elutionsergebnisse liefert, wird auf einer Monodeponie in den üblichen Beobachtungszeiträumen nicht verlassen werden. Anders sind die Verhältnisse, wenn das Gemisch - wie beispielsweise ein Klärschlamm - in einer dünnen Lage ausgebracht würde: In diesem Fall muß die Erschöpfung der pH-Pufferkapazität zumindestens in oberflächennahen Bereichen in Betracht gezogen und die hohe Freisetzungsrate der Schwermetalle im sauren Milieu bei der Beurteilung der Grundwassergefährdung berücksichtigt werden.
Die beiden pHstat-Versuche bei pH 4 und pH 11 bestätigen, daß die Konditionierung, die das Entsorgungsunternehmen durch Zusatz von Kalk vornimmt, die Schwermetalle in der Festphase festleget. Im alkalischen Milieu bei pH 11, das durch den Kalk-Zusatz mit pH 8 angenähert wird, sind die Schwermetalle mit Ausnahme von Kupfer immobil.


Inhaltsverzeichnis
Anfang von Kapitel 6.1.1 Abfälle und Altlastproben

Weitere Beispiele:

6.1.1.1 Oxidischer Rückstand aus der Pyritröstung (Kiesabbrand)
6.1.1.2 Asche aus kommunaler Hausmüllverbrennung (MV-Asche)
6.1.1.4 Rückstand aus Galvanikbädern (Galvanikschlamm)
6.1.1.5 Gießereialtsand
6.1.1.6 Probe von der Halde einer ehemaligen Zinkhütte (Zinkhüttenschlacke)
6.1.1.7 Probe einer alten Zn/Cu-Silikat-Ablagerung (Cu-Silikatschlacke)
6.1.1.8 Probe von Produktionsrückständen einer ehemaligen Säurefabrik (Zinksalz).