S. Cremer: "Mobilisierung von Schwermetallen in Porenwässern von belasteten Böden und Deponien: Entwicklung eines aussagekräftigen Elutionsverfahrens"

6.1.1.5 Gießereialtsand

Bei Gießtechniken, die nach dem Verfahren der "verlorenen Form" arbeiten, werden die Gießformen aus Sand gebildet, die mit Bindemitteln für die Dauer des Gießvorgangs stabilisiert und hinterher wieder zerstört werden. Als Bindemittel kommen heutzutage vor allen Dingen Kunstharze zum Einsatz, darunter Phenol- und Formaldehydharze, gebräuchlich sind auch pflanzliche und mineralische Öle. Bei der untersuchten Probe handelt es sich um einen Fein- bis Mittelsand, dessen Einzelkörner mit einer dunklen Schicht einer nicht weiter bekannten organischen Verbindung überzogen sind.
Von der analysierten Schwermetallpalette (Co, Cu, Cr, Ni, Cd, Tl, Pb, Zn, Fe, Mn) erreichen nur Zink, Eisen, Mangan und Blei unter den Bedingungen des pHstat-Versuchs umweltrelevante Konzentrationen im Eluat. Das pH-abhängige Verhalten von Zink, Eisen und Blei ist gegenläufig: Zink wird bevorzugt im sauren Milieu freigesetzt, Eisen und Blei dagegen in der Hauptsache unter alkalischen Bedingungen (vergl. Abb. 60).
Bei der alkalischen Elution (pH 11) wurde ein Teil der organischen Komponente, die für die dunkle Färbung des Gießerei-Altsands verantwortlich ist, in (kolloidale) Lösung gebracht. Alle Proben zeigten nach der Ansäuerung mit Salpetersäure auf pH 1 (zur Probenkonservierung) feinflockige dunkle Niederschläge, die überstehende Lösung war klar. Eisen liegt im alkalischen Eluat wahrscheinlich als metallorganischer Komplex vor, gebunden an die dunkle, nicht echt gelöste Komponente. Bei Ansäuerung des Eluats auf pH 1 sinkt die Eisenmobilität mit der Ausfällung der organischen Verbindung auf etwa ein Viertel.

abb60

Abb. 60: pHstat-Versuche an einem Gießereialtsand: Durch die Belastung des Materials mit organischen Verbindungen erreicht ein Teil der Schwermetalle auch oder nur unter alkalischen pH-Bedingungen eine hohe Mobilität.

Die ANC24 wurde zu 90 meq/kg bestimmt, die BNC24 betrug 12 meq/kg. Der Durchlässigkeitsbeiwert der Probe wurde nicht ermittelt, liegt aber für Materialien der Feinsand-Fraktion bei 10-4 m/s.
Der Gießereialtsand kann bei unabgedeckter Deponierung das Grundwasser gefährden, da einerseits die nur mittlere ANC24 und andererseits die relativ gute Wasserwegsamkeit des Materials das Absinken des pH-Werts in der Porenlösung durch Zutritt von saurem Regenwasser zulassen. Auch alkalische Bedingungen können Schwermetalle (speziell Blei) in die Lösung freisetzen. Zur umfassenden Beurteilung der Grundwassergefährlichkeit des Gießereialtsands fehlt hier der Versuch zur Bewertung des Initialstadiums der Porenwasserentwicklung: Die Elution mit destilliertem Wasser nach DIN 38 414-S4. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der organische Lösungsvermittler für die Schwermetalle bereits unter den pH-Bedingungen der rein wäßrigen Suspension (pH 9,6) verstärkt löslich ist.


Inhaltsverzeichnis
Anfang von Kapitel 6.1.1 Abfälle und Altlastproben

Weitere Beispiele:

6.1.1.1 Oxidischer Rückstand aus der Pyritröstung (Kiesabbrand)
6.1.1.2 Asche aus kommunaler Hausmüllverbrennung (MV-Asche)
6.1.1.3 Rückstand aus der Emulsionstrennung (Emulsionsschlamm), vermischt mit Galvanikschlämmen
6.1.1.4 Rückstand aus Galvanikbädern (Galvanikschlamm)
6.1.1.6 Probe von der Halde einer ehemaligen Zinkhütte (Zinkhüttenschlacke)
6.1.1.7 Probe einer alten Zn/Cu-Silikat-Ablagerung (Cu-Silikatschlacke)
6.1.1.8 Probe von Produktionsrückständen einer ehemaligen Säurefabrik (Zinksalz).