Im Raum Stolberg sind karbonatische Gesteine des Mitteldevons und Unterkarbons auf Störungszonen mit sulfidischen Vererzungen belegt. Das Mineralspektrum umfaßt hauptsächlich Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Pyrit (FeS2) und Bravoit (Ni,Fe,Co)S2 (KRAHN ET AL., 1986). Abbau und Weiterverarbeitung der Erze seit der Römerzeit haben dazu geführt, daß die Böden im Raum Stolberg großflächig nicht nur durch den geogenen Hintergrund sondern auch durch anthropogene Verteilung der Schwermetalle hochbelastet sind (MAGS, 1975; SCHNEIDER, 1982; KÖNIG, 1986).
Abb. 72: Übersichtskarte der Probennahmestellen in Stolberg.
Die breite Verschleppung der ursprünglich ausschließlich geogenen Schwermetallgehalte ließ es nicht zu, eine unbelastete Vergleichsfläche zu finden. Ausgewählt wurde eine Bodenneubildung auf einer alten Abraumhalde am Brockenberg und eine Gartenfläche im Stadtkern von Stolberg, die mit Nutzpflanzen bestellt ist. Die Bodenneubildung auf der alten Abraumhalde ist nur schwach ausgeprägt: Die Durchwurzelungszone des Magerrasens mit humosen Anteilen reicht etwa 10 cm unter die Oberfläche. Die Belastung durch vorrangig Zink und Blei betrifft das gesamte Profil bis zu der Endteufe der Bohrung bei 4 m (WEFERS, 1991). Der Boden der Gartenfläche hat eine Horizontabfolge des Typs Ap-Go-Gr-C. Die lehmigen, feinkiesigen Sedimente sind ab einer Tiefe von einem Meter vergleyt. In Königswasserauszügen von Bodenproben eines 3,40 m hinabreichenden Profils läßt sich klar belegen, daß die Kontamination des Gartens bis etwa einen Meter unter Gelände reicht (WEFERS, 1991). Hauptkontaminanten sind auch hier Zink und Blei, zusätzlich sind die Kupfergehalte gegenüber den Hintergrundwerten angehoben.
Abb. 73: pHstat-Versuche bei pH 4 und pH 11 im Vergleich mit einem S4-Versuch bei einer jungen Bodenbildung auf einer Abraumhalde. Der pHstat-Versuch bei pH 4 belegt die hohe Mobilisierbarkeit der Hauptkontaminanten Zink und Blei bei Absenkung der pH-Werte.
Von den im Königswasserauszug nachgewiesenen 50 000 mg/kg Zink
kann bei pH 4 nahezu ein Fünftel freigesetzt werden (vergl. Abb.
73). Blei wird bei pH 4 zu rund 100 mg/kg freigesetzt. Die Mobilität
der beiden Elemente unter den Bedingungen des S4-Versuchs erscheint im
Rahmen dieser Ergebnisse vergleichsweise gering, weist aber entschieden
auf die hohe Freisetzbarkeit der Schadstoffe hin. Ähnlich wie bei
den klärschlammbelasteten Oberböden aus Hagen-Vorhalle (vergl.
Kap. 1) sind Zink und Blei mit 7 mg/kg bzw. 0,1 mg/kg auch bei pH 7 mobil.
Blei und Zink sind ebenfalls unter alkalischen pH-Werten verhältnismäßig
hoch mobilisierbar. Im Gegensatz dazu tritt die Mobilität anderer
Elemente bei pH 11 deutlich zurück (vergl. auch Abb.
73). Hier ist möglicherweise ein Großteil der Adsorptionsplätze
der Huminstoffe durch Zink und Blei belegt.
Abb. 74: Die Oberböden der Stolberger Halde und dem Garten in der Innenstadt zeigen bei der Elution bei pH 4 unterschiedliche Mobilisationsmuster. Die Gesamt- und freisetzbaren Gehalte an Schwermetallen sind bei beiden Böden sehr hoch, so daß man nicht von einer belasteten und einer unbelasteten Fläche sondern nur von unterschiedlicher Belastung sprechen kann.
Der Vergleich der Elutionsdaten (pHstat 4) für den Haldenoberboden
mit dem Daten der Referenzfläche (Garten im Stadtkern) zeigt (vergl.
Abb. 74), daß beide Böden ein unterschiedliches
Verteilungsmuster aufweisen, der Garten aber nicht als unbelastet anzusprechen
ist. Die mobilisierbaren Anteile von Zink bei der Gartenfläche liegen
noch weit oberhalb der Werte für den klärschlammbelasteten Boden
in Hagen-Vorhalle (vergl. Kap. 6.1.3.1).
Niederschlagswässer, die das Grundwasser nach Durchsickerung des
Haldenkörpers erreichen, werden aufgrund der hohen ANC24 von 1000
meq/kg wahrscheinlich über lange Zeiträume pH-Werte im Bereich
des Neutralpunkts oder darüber haben. Hier haben dann nur die Ergebnisse
des S4-Versuchs eine praktische Bedeutung - die Bedingungen des pHstat-Versuchs
(pH 4) können nicht erreicht werden. Die Halden des Blei-Zink-Bergbaus
stellen bei guter Wasserdurchlässigkeit des Verwitterungshorizonts
über dem klüftigen Ausgangsgestein eine Gefährdung des Grundwassers
im Rahmen der durch den S4-Versuch belegten Mobilisierbarkeit von Zink
und Blei dar. Die Gartenfläche steht durch die niedrige Durchlässigkeit
der wasserstauenden Horizonte in geringem hydraulischen Kontakt zum Grundwasser;
die Gefährdung, die durch diesen belasteten Boden für das Grundwasser
ausgeht, ist aufgrund der hydrogeologischen Situation gering.
Inhaltsverzeichnis
Anfang von Kapitel 6.1.3 Belastete
Böden
Weitere Beispiele:
6.1.3.1 Klärschlammbelastete
Fläche in Hagen
6.1.3.2 Ackerfläche
in Mechernich, beeinflußt durch Blei/Zink-Bergbau
6.1.3.4 Grünland
in Solingen, belastet durch Schlämme einer Metallschleiferei
6.1.3.5 Ergebnisse
der tiefenspezifischen Untersuchung von Bodenproben